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Von Mäusen und vom Melken 26. August 2014

Wie lange warten wir schon hier ?

Die edlen Rösser sind wiedermal durchgegangen, und das in vollem Ges­chirr. Sie haben ihre Hufe zu Schanden galoppiert, weil die hinterher-bau­melnden Zugriemen sie von hinten aufgemuntert hatten, noch schneller zu rennen. Der Sturm und die Hagelschauer taten den Rest. Jetzt lahmen sie wie wunde Wasserpumpen und wollen nichts mehr von « vorwärts » und von « weiter » wissen.

Ich hatte gedacht, reisen heißt sich bewegen und nicht träge herumlungern und die Zeit, die sich kaugummiartig dehnt, zu verscheuchen.
Hier beim Curty, das ist ein Hof in der Gemeinde die Barrais-Bussolles heißt, sind wir auf einer großen satten Wiese. Es war wiedermal ein netter Mensch, ein Bauer sogar, der vor uns seinen Trecker stoppte und auf diese Wiese ein­lud. „Ihr könnt hier so lange lagern wie ihr wollt !“, waren seine Worte. Wir ahnten noch nicht, dass dieses bedeutenn sollte.

Die Wiese gefiel den beiden Stuten sehr gut ; in der Mitte ein Trinktümpel, saf­tiges Gras ringsherum. Uns gefiel dieser Platz auch auf den ersten Blick, aber nicht für so lange !

Die Nachbarn, ebenfalls sehr nette Menschen, kamen sofort herbei um die Roulotte zu bestaunen. Sie boten uns ihre Dusche an und luden uns zum Essen ein. Auch sie meinten, wir könnten doch noch et­was bleiben, was sich dann leider bewahrheiten sollte.
Tags darauf sollte es dann weitergehen, aber meine Anne hatte Kopfschm­erzen, außerdem schien die Sonne so schön, dass wir beschlossen, noch ei­nen Tag zu bleiben.
In der Nacht darauf fing es dann zu toben an : Sturm, Hagel, Gewitterböen.
Trotzdem wollten wir los und warteten eine Regenpause ab. Wir schirrten an, und als wir dann einspannen wollten, passierte es. Die Viecher rissen sich los und tobten davon, direkt durch die elektrische Absperrung. Vier Kilometer weiter fanden wir sie schließlich, blutend und zit­ternd, wie ausgepeitschte Schindmähren im Angesicht des Abdeckers. Offensichtlich hatten sie unterwegs mit einem Zwirbel-Ende Stacheldraht Bekanntschaft gemacht. Zum Glück war es uns möglich, sie am Halfter zurückzuführen.
Nun sitzen wir hier wiedermal fest. In Trezelles haben wir ja schon unsere Vorübungen im Langwarten machen dürfen, wegen Annes gebrochenen Handgelenks. Seit unserer Abreise sind es ja schon ge­wohnt geduldig abzu­warten.

Eines wird mir klar :
Im Kopf ist alles ziemlich einfach.
Mit frischem Mut zeichnete meine Anne einen schönen orangen Strich auf die Landkarte. Fluoreszierend natürlich. Und schon waren wir in den Alpen und flupps über die Grenze. Bella Italia !
Aber so geht das nicht. Jedenfalls nicht bei uns.
Und was ich dann so alles über das Verhalten von Pferden zu hören kriegte, also SO ! hatte ich mir das auch nicht vorgestellt.
Sylvie, die Frau des Nachbarn Patrick, also diese Sylvie ist auch Pferdenär­rin. Sie hat eine kleine Zucht. Gegenwärtig stehen vier Zossen zum Verkauf an.
Aber noch schlimmer : Da war noch eine Dame zu Besuch, die einen Pferdehof führt.

Und wenn dieses Frauenzimmer, gemeinsam mit meiner Anne, wenn diese beiden Schachteln also über all die Unfälle mit Pferden loslegen, dann wird mir ganz an­ders. „Ja, du musst wissen, Pferde sind Tiere mit eigenem Kopf, und da kann man nicht hineinschauen. Dann passiert schon mal so was. . .“, höre ich dann auf meine besorgte Anfrage hin und Anne gestikuliert mit ihrem Arm in Gips, als wollte sie die Fliegen verscheuchen.
Ja, die Fliegen, die sind wenigstens immer guter Laune und vor allem zahl­reich. Das sind sie.
Abenteuer im Zigeunerwagen pur, so wie im Fernsehen !

Die seltenen Male, wo wir unterwegs waren, grüßten uns die Leute, Daumen nach oben, winkten uns zu und riefen : „Oh, welch ein Traum !, toll, was ihr da macht !“ Etliche Autos hielten an, Kameras wurde gezückt und rein in die Kis­te für den Filmabend nach den Ferien : „Davon habe ich schon immer ge­träumt . . .“
Wenn die wüssten !

Sonnenuntergang über unserem Traumparadies.

Die Aussicht rundherum ist


wagnerianisch bei Sturm,

idyllisch bei Sonnen­schein,

wild romantisch bei untergehender Sonne.

Wir werden beneidet, wir üben uns in Geduld, wir versuchen ab und an heranschleichende Durchhän­ger zu verscheuchen.
Durchhänger ?

Das sind keine Hängematten, leicht schaukelnd zwischen zwei Pal­men an ei­nem Südseestrand. Das ist kein wonnegrunzendes sich baumeln lassen. Nein, das sind eher so eine Art Luftlöcher welche den Traumflieger der Seele abstürzen lassen. Und das dann bei so einem flammenden Abendhimmel der einem all seine Einsamkeit und all sein Verlorensein vor Augen führt !
Und in aller Verzweiflung und kläglich piepsend, sucht man vergebens nach einer Maus mit dickem Euter.
Nichts da, gähnendes Nichts ! Keine Maus !
Und somit bleibt einem selbst jener erlösende Satz versagt, welcher da lau­tet :


„Es ist zum Mäuse melken !“

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