. Es war einmal . . .So fängt ein Märchen an.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so hört es auf. . . .
Aber, aber ! Das ist doch alles ganz anders.
Wieso ?
Ganz einfach : Alles was gerade passiert ist hautnah und es betrifft uns. Uns, das sind wir, die es erleben.
Jetzt und ganz hier, und deswegen ist es kein Märchen, selbst eine Geschichte nicht.
Es ist einfach zum Mäuse melken !
Wie haben wir uns in Träumen gewiegt, wie schön war all das Pläne schmieden !
Anne war schon in der Türkei, und ich suchte einen Weg über den Kaukasus.
So.
Und jetzt sitzen wir hier fest (Nr. 5) mit kaputten Federn und ’ner Acht im Hänger-Rad. (fast 8, 5 ½ aber auf jeden Fall) Wir sind einfach weitergefahren, obwohl bei Ludwick (Nr.2) zwei Federn weg-knackten. Mit Ludwicks Hilfe brachten wir sie zur Reparatur und tuckelten weiter. Aber im Lager Nummer 4 mussten wir feststellen, dass nix mehr ging. Ich verkeilte die schlaffen Federn mit Holzklötzen, und wir schafften es bis zu Éric (Nr 5), der uns errettete.
Bis jetzt haben wir etliche schwerwiegende Fehler gemacht und dafür teures Lehrgeld zahlen müssen.
Die beiden dicksten Dinger :
a) Wir hatten nicht früh genug reagiert, als wir bemerkten, dass die beiden Maultiere praktisch nicht dressiert waren. Auch hatten wir uns nicht über die Rechtsgrundlagen eines solchen Kaufes kundig gemacht. Auf gut Deutsch : Wir sind satt über den Tisch gezogen worden. Ergebnis : Anne hat ihren gebrochenen Rücken und ist jetzt steif wie ein Brett.
Moral : Die Zugtiere sind das Wichtigste bei so einem Unternehmen. Das erste, was man besorgen sollte, sind sie.
Besorgen ? Das ist kaufen und sich dann anfreunden. Aber trotzdem : Pferde sind bleiben unberechenbare Bomben. Wer keinen Trecker vor seiner Roulotte will, soll das wissen und stets auf der Hut sein.
b) Wir hatten Nullahnung darüber, was so eine Roulotte alles aushalten muss. Da gibt es zwei Grenzlinien : Eine ist das Gewicht der Roulotte, die andere ist die Robustheit der Roulotte. Was die Robustheit anbetrifft, da sind wir gerade dabei die Schwachstellen zu flicken. Ob das Gewicht stimmt ? Das müssen wir erst erfahren. Ergebnis : Federn, vom Unfall stark angeknackst, sind jetzt voll im Gesäß. Dazu noch : Hängerrad im verlängerten Rückgrad.
Die Moral : Lange Probefahrten ! Zuerst mit leerem Gespann, dann voll beladen und das für mehrere Tage. Notizblock mitnehmen um zu notieren, ob ein Teelöffel fehlt oder das Klopapier.
Haben wir alles nicht beachtet und dennoch :
Die Rettung !
Gestern waren ein Pärchen anderer Roulottiers hier bei uns. Sie nehmen zufällig den gleichen Weg, und sie hatten unsere Landkarte im Schaufenster gesehen und dann später die frischen Pferdeäpfel auf der Chaussee, und da dachten sie an uns und puderten ein Mehl rüber und fragten ob sie uns besuchen könnten. Sie hatten eine Auto-Fahrgelegenheit gefunden.
Die beiden sind mit ihren zwei Kindern (5 und 6) seit einem Jahr unterwegs. Ihnen sind ebenfalls etliche Pannen passiert, was die Anne sehr tröstlich fand. Aber das lässt unsere kaputte Aufhängung nicht sanfter hängen, und das wild eiernde Rad des Hängers wölbt sich dadurch auch nicht spiegeleiförmig glatt. Ist das Unglück anderer wirklich ein Trost ?
Muss wohl.
Selbst Jesus brauchte doppelte Begleitung für seine Hinrichtung, und wie gesagt, meiner Anne ging’s bedeutend besser als sie hörte, das andere ebenfalls ähnliche Katastrophen erlebt hatten.
Und Wunder ! !
Éric, der uns hier (Nr. 5) seine großzügige Gastfreundschaft gewährt, flexte und schweißte wunder-herrliche Federverstärkungen.
Bernadette, Annes beste Freundin, kutschierte uns trällernd herum, sodass wir dicke, bärenstarke Mopedräder für den amputierten Hänger auftreiben konnten, und alles ist jetzt an Stelle und Platz und sitzt und wackelt nicht.
Ist das nicht jubelnswürdiglichst ?
Was das Unglück anderer doch so alles bewirkt !
Konsequenz :
Wenn’s mir alles verquer gegangen ist, die schwarze Schmurrlaisoone von links nach rechts über all meine Wege läuft, und immer und immer wieder, dann bin ich wütendtraurig tobend, vergrällt und stinksauer. Dann muss ich die anderen mit runter-ziehen, und es geht mir gut.
Und das ist jetzt der Fall.
Morgen soll’s weitergehen.
oswald am 25. Juni 2014